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Ziel dieser Arbeit ist die Herausarbeitung nationalspezifischer unternehmenskultureller Besonderheiten anhand einer Reihe schwedischer Unternehmen.
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Um nun erkennen und einordnen zu können, welche Ausprägungen von Elementen oder Phänomenen in der Unternehmenskultur möglicherweise „schwedisch“ sein könnten, muss vorab nach möglichen Ursachen solcher Elemente gefragt werden.
Dabei reicht es jedoch nicht aus, sich nur mögliche, landesspezifische Beweggründe anzusehen. Wie oben aufgezeigt, so ist Unternehmenskultur ein sehr komplexes und schwer greifbares Phänomen, das durch die Verknüpfung sehr unterschiedlicher Triebfedern und Einflussfaktoren zustande kommt. Erst das Verständnis einiger prägender Faktoren erklärt das mögliche Bestehen oder Nichtbestehen nationaltypischer unternehmenskultureller Besonderheiten. Es sollen im folgenden zwei unterschiedliche Ursachenbereiche betrachtet werden in Anlehnung an die von Allaire/Firsirotu in der unten dargestellten Abbildung aufgezeigten Einflüsse, die von außen oder von innen kommen können (externe/interne Einflüsse).
Abb. 11: A Conceptual Framework for Organizational Culture (entnommen aus Allaire/Firsirotu, Organizational Culture, S.214.) | ||
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Zunächst sollen interne Kräfte betrachtet werden. Wie wird die Kultur unternehmensintern gebildet, geprägt und weitergegeben? Die Entwicklung einer bestimmten Unternehmenskultur beginnt regelmäßig von innen, sie ist dem Grunde nach angelegt in dem Moment, in dem das Unternehmen entsteht oder gegründet wird.
Sodann sollen einige mögliche externe Kräfte beleuchtet und hinterfragt werden: „Traditional management theories support the view that to understand what goes on inside the organization, one must understand what is happening outside it. The culture in which an organization operates thus must influence the practices inside it.”342 Äußere Kräfte und die interne Konstellation hängen eng zusammen. Es geht dabei jedoch nicht nur, wie im Zitat angedeutet, um die Betrachtung der Kultur allein als einer externen Größe. Viele weitere externe Kräfte – auf die an späterer Stelle eingegangen werden soll – determinieren die Kultur im Unternehmen.
Blicken wir zurück auf das Kapitel „Unternehmenskultur“ und den Unterpunkt „Merkmale der Unternehmenskultur“343, so sollte klar geworden sein, was „Unternehmenskultur“ ist und woraus sich diese möglicherweise zusammensetzen kann. Ebenso sollte klar sein, dass jedes Unternehmen mit der Zeit eine bestimmte Kultur hat, egal ob dies erwünscht ist oder nicht (vgl. Kap. II./3./a)). Die Kultur im Unternehmen wächst und entwickelt sich dabei auf unterschiedliche Art und Weise. Der Entstehungsprozess läuft einerseits bewusst oder absichtlich, andererseits unbewusst oder unabsichtlich ab.
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Ob Unternehmenskultur bewusst herbeigeführt und gestaltet oder gar „gemanagt“ werden kann, ist umstritten. Einig ist man sich allerdings darüber, dass das Entstehen einiger wichtiger unmittelbar oder mittelbar zur Unternehmens- oder Organisationskultur gehörender Elemente bewusst herbeigeführt und auch laufend kontrolliert werden kann.344 Dies wurde auch schon im Zusammenhang mit der Darstellung wichtiger Merkmale von Kultur im allgemeinen geschildert.
Die bewusste Gestaltung bezieht sich in erster Linie auf sichtbare unternehmenskulturelle Elemente, wie zum Beispiel die bewusste Wahl einer bestimmten Organisationsstruktur oder aber auch die architektonische Gestaltung der Büroräume. Hinzu kommen auch mittelbare Elemente, die der Identifikation dienen wie z.B. die Gestaltung von Symbolen mit Werbecharakter. Für die bewusste Gestaltung einer bestimmten Unternehmenskultur kann eine Vielzahl von Instrumenten eingesetzt werden. Anzumerken ist, dass die äußeren Gestaltungen stets aber auch einen inneren Bezug zu immateriellen Vorstellungen, Werten oder Unternehmensphilosophien aufweisen. Durch bewusste Gestaltung äusserlicher Merkmale können auch innere Werte aufgegriffen und verstärkt werden, sie werden manifestiert und damit gestaltet. Ebenso kann es aber auch sein, dass durch bewusste Gestaltung von Elementen noch nicht vorhandene Werte geschaffen werden.
Die Abbildung unten veranschaulicht eine Auswahl an möglichen Instrumenten für eine bewusste Unternehmenskulturgestaltung:
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Abb. 12: Die wesentlichen Instrumente der Unternehmungskultur-Entwicklung (entnommen aus Hochreutener, zielorientiertes Management, S.51.) | ||
Wie schon aufgeführt, entsteht Unternehmenskultur in weiten Teilen nicht ausschließlich bewusst. Nicht alle Elemente oder Formen der Ausprägung können künstlich geschaffen werden. Dies wird ebenso klar, wenn nochmals das Modell nach Schein betrachtet wird.
Die Basis jeder Unternehmenskultur ist unsichtbar: „So glauben manche Unternehmen immer noch, daß Kultur uneingeschränkt machbar sei und sich die gewünschte Kultur durch den ‚Erlaß’ von Unternehmensleitlinien oder Führungsgrundsätzen einstelle. Gehen diese Maßnahmen an den Bedürfnissen der Mitarbeiter vorbei oder folgen ihnen keine konkreten Handlungen, so stellen sie bloße Lippenbekenntnisse dar, die keinen Einfluß auf das Verhalten besitzen.“345
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Das Bestehen unbewusster Annahmen in den Köpfen der Menschen und Mitarbeiter im Unternehmen darf gerade im Kontext unternehmenskultureller Besonderheiten nicht außer Acht gelassen werden:
„Ihr Verhalten wird von größtenteils unbewußten Grundannahmen über ihr Unternehmen, dessen Umfeld, das Wesen des Menschen, seinen Handlungen und seinen Beziehungen zu anderen Personen gesteuert.“346
Nach der hier vertretenen Auffassung hängen der bewusste und der unbewusste Prozess so eng zusammen, dass der eine den anderen beeinflusst.
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Eine mögliche Darstellung des Entstehungsprozesses von Unternehmenskultur allgemein – ein Prozess, der sowohl den bewussten als auch den unbewussten Verlauf schildert – demonstriert Sackmann anhand der folgenden Abbildung:
Abb. 13: Organisationskultur in der Entwicklungsperspektive (entnommen aus Sackmann, Einflußgröße, S.399) | ||
Bei der Entstehung ebenso wie bei der konstanten „Pflege“ unternehmenskultureller Elemente – sowohl bewusst als auch unbewusst entstandener Komponenten – spielen einige Triebfedern jeweils eine bedeutende Rolle.
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Gründer haben einen erheblichen Einfluss auf die kulturelle Konstellation im Unternehmen: „Unternehmenskultur wird nicht einfach erfunden, sie entsteht nicht aus dem Vakuum, sondern wird bei ihrer Entstehung, Entwicklung und konkreten Ausgestaltung zum einen von den spezifischen Prägungen und Vorstellungen der Unternehmensgründer (...) geprägt.“347 Auch die Gründer bringen als Faktor „Mensch“ (wie nachfolgend behandelt) besondere Wertvorstellungen und Erfahrungen mit ein.
Gründer setzen wichtige Werte und legen fest, welche Prioritäten möglicherweise beachtet werden sollen: „Bei der Entstehung von Unternehmenskultur spielen der Gründer und das Gründungsteam eine zentrale Rolle für die konkrete Ausgestaltung der kollektiven grundlegenden Überzeugungen: Welche Geschäftsidee soll realisiert werden? Mit welchem Typus Mensch wollen der Gründer und sein Team zusammenarbeiten? Wer passt ins Team, wer passt nicht? Welche Strukturen und Prozesse werden als geeignet betrachtet, um die Geschäftsidee mit der gewählten Strategie zu realisieren?“348
Die Gründer können im Einzelfall sogar als „Helden“ betrachtet werden, die als Gründer eines Unternehmens Werte festgesetzt oder die Kultur in eine bestimmte Richtung gelenkt haben, die bis in die Gegenwart andauert und dabei Einfluss auf die Einstellung der Mitarbeiter hat. Deal und Kennedy sprechen von sogenannten Helden, welche die kulturellen Werte repräsentieren: „These people personify the culture’s values and as such provide tangible role models for employees to follow.“349 Je nachdem, wie präsent die Heldenfigur für alle im Unternehmen agierenden Mitglieder ist, spielen die Werte dieser Person eine Rolle.
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Es versteht sich, dass auch bei der Betrachtung schwedischer Unternehmenskultur zugleich die Betrachtung der jeweiligen Gründungsgeschichte von Bedeutung sein kann. Sind die einzelnen Gründer schwedischer Herkunft? Wie präsent sind die „Heldenfiguren“ heute und welche der von ihnen festgesetzten Werte sind noch heute präsent?
Wie zuvor aufgezeigt wurde, ist Kultur allgemein etwas „Menschliches“ oder „vom Menschen gemacht“ (Vgl. Kap. II./1./c)/aa)). Dieses Merkmal gilt für jedwede Form von Kultur, auch Unternehmenskultur.
Die Menschen im Unternehmen bestimmen in erster Linie durch ihr Verhalten ebenso wie durch ihre Einstellung die Kultur des Unternehmens. Ob von bewusster oder unbewusster Gestaltung unternehmenskultureller Elemente die Rede ist, spielt keine Rolle. Der Mensch setzt beide Prozesse in Gang.
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Hier ist eine wichtige Schnittstelle zu beschreiben: Jeder Mensch und zugleich Mitarbeiter eines Unternehmens ist in verschiedene Kulturkreise eingebunden.350 Durch die Einbindung in vielfältige Kulturkreise und die Wechselwirkung mit vielseitigen Phänomenen, wie der Nationalität, der Familie, den Menschen im sozialen Umfeld, aber auch dem Rechtssystem, der Wirtschaft, der Politik, der Bildung, der Erziehung, der Kunst und Religion351 wird der Mensch durch viele unterschiedliche Einflussfaktoren geprägt. Mitarbeiter stellen folglich als Kulturträger eine wichtige Basis und Quelle der Unternehmenskultur dar.
Die unternehmenskulturelle Entwicklung ist als interaktionsbedingter Aushandlungsprozess aufzufassen, weil sich Mitarbeiter als interaktive Partner untereinander beeinflussen.352
Bei der Mitgestaltung und Beeinflussung der Ausgestaltung der Unternehmenskultur spielen wiederum die jeweiligen Funktionen eine unter Umständen gesteigerte Rolle, in denen ganz bestimmte Menschen jeweils tätig sind. Insbesondere kann dies auf das Management zutreffen, also auf die Führungsebene.
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Die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Führungsebene und Unternehmenskultur
bedarf differenzierter Betrachtung. Oft sind die Unternehmensgründer zugleich auch Teil der Unternehmensführung. Die Thematik wird in der Unternehmenskulturforschung häufig und sehr unterschiedlich diskutiert: „I samspelet mellan ledarskap och organisationskultur är olika slag av förbindelser och betoning möjliga.“353
Dabei stellt sich zunächst die Frage, ob die Kultur der Führungsebene oder besser das Verhalten und die Werte in der Führungsebene getrennt von der Unternehmenskultur zu betrachten sind oder vielmehr als integrierter und integrierender Bestandteil der Unternehmenskultur. Darüber bestehen unterschiedliche Auffassungen. Es gibt Forscher, die sehen „leadership“ als eigenen Bereich, andere sehen sie als Subkultur, wieder andere als integrierenden Bestandteil der Unternehmenskultur.
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Fest steht ihre Komplexität: „Ledarskap är inte bara en ledare som agerar och en grupp underordnade som reagerar på ett mekaniskt sätt, utan en komplex social process där innebörderna och tolkningarna av vad som sägs och görs är avgörande.“354
Einerseits wird ein möglicher Einfluss der Führungsebene auf die Kultur in Frage gestellt und als negativ bewertet. Bestimmte Werte bleiben demnach „oben“ hängen und können nicht bis nach unten gelangen, und damit folglich auch nicht auf die Gesamtkultur einwirken. Andererseits kann die Kultur im Bereich der Führungsebene wiederum als eigenständige Kultur betrachtet werden, die mit der Gesamtkultur nicht zusammenpasst.
Gleichwohl wird angenommen, dass die Führungsebene in vielfacher Weise auf die Kultur im Unternehmen einwirkt: „Führungskräfte beeinflussen die Kultur eines Unternehmens in zweierlei Hinsicht ganz entscheidend: Zum einen prägt das obere Management die zentralen Rahmenbedingungen einer Unternehmenskultur. Zum anderen fungieren alle Führungskräfte im Unternehmen durch ihre spezifische Führungsfunktion als Repräsentanten der einmal festgelegten Unternehmenskultur.“355
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Weil sich Mitarbeiter meist an den unmittelbaren Vorgesetzten orientieren und deren Prioritäten wiederum „aufschnappen“, wird den Führungskräften allein durch ihre Stellung eine besondere „Hebelwirkung“ zugeschrieben:356 „Durch diese Multiplikatoren- und Rollenmodellfunktion haben Führungskräfte daher eine zentrale Bedeutung bei der Vermittlung, Erhaltung, Weiterführung und Veränderung von Unternehmenskultur – ob sie dies nun wollen oder nicht.“357
Es wird als Führungsaufgabe verstanden, aktiv die Pflege und Gestaltung unternehmenskultureller Elemente und Prozesse zu beeinflussen: „Die Entwicklung und die Pflege der Unternehmenskultur gehören zu den vordringlichen Aufgaben der Vorstände bzw. Geschäftsführer eines Unternehmens.“358
Je nachdem, welche unternehmenskulturellen Elemente bewusst eingesetzt werden, kann dies den Erfolg des Unternehmens zugleich positiv oder negativ beeinflussen: „Das Management entwickelt eine Reihe von Formeln, die zum Wohle des Unternehmens angewandt werden. Solange das Unternehmen Erfolg hat, werden diese Formeln bestätigt und damit zu Erfolgsformeln.“359
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Alvesson betont dabei, dass der Grad der Wirkung wiederum davon abhängt, welche Ebene der Führung betrachtet wird. Es macht einen Unterschied, ob Personen aus der obersten Konzernspitze oder Personen in kleineren „Chefrollen“ näher betrachtet werden: „De flesta studier av ledarskap fokuserar på hur en person som indentifieras som ledare uppför sig eller samarbetar med en grupp underordnade och/eller hur han/hon i grova drag leder organisationen. I de flesta systematiska akademiska undersökningar leder cheferna små grupper människor. (...) Höga chefer leder emellertid hela eller stora delar av organisationer och då blir situationen när det gäller organisationskultur annorlunda.“360
Es ist eine nicht unberechtigte Wunschvorstellung der Führungsebene, die Kultur in eine bestimmte Richtung bewegen zu können: „We come back to culture. It is perhaps the single most powerful force for cohesion in the modern organization. And leaders can influence the way cultures evolve, positioning their organization for sustained competitive advantage – because cultures aren’t easy to quickly copy.”361
Die kulturelle Wirkung der Führungsebene resultiert nicht ausschließlich direkt aus dem Verhalten oder der von oben bewussten Implementierung von Werten, sondern die Wirkung hängt auch von der Interpretation „untergeordneter“ Mitarbeiter ab: „Detta betyder att ledarskap per definition uppfattas som ‚kulturellt’, det vill säga att ledarskap anses utspelas i en kulturell kontext och alla ledarskapshandlingar får sina konsekvenser genom den (kulturellt styrda) tolkning som görs av dem som är inblandade i de sociala processer där ledare, underordnade och ledarskapshandlingar kommer till uttryck.“362
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Mit Sicherheit haben Personen in Führungspositionen, seien es nun Topmanager oder Personen, die größere Einheiten leiten, einen erheblichen Einfluss auf die Umsetzung und Ausprägung kultureller Werte im Unternehmen.
Wie erläutert, setzen Führungskräfte prägnante Maßstäbe, und beeinflussen die Art und Weise, wie mit Werten, Ideen, Sachen, Geld oder Menschen umgegangen wird:363 „Kultur basiert in der Tat auf einem Übertragungseffekt.“364
Wie stark die Wirkung von „oben“ ist, mag wiederum von vereinzelten Bedingungen abhängen, unter anderem von der Struktur oder der Größe des Unternehmens.
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Bei der empirischen Untersuchung (vergleiche Kap. VI. und VII.) soll der Blick auf die Führungsebene gerichtet werden. Es wurden überwiegend Personen in leitenden Positionen befragt, weil nach der hier vertretenen Ansicht die oberen Ebenen erheblichen Einfluss auf die Kultur im Unternehmen haben.
Festzuhalten bleibt auch, dass das Führungsverhalten nicht nur eine besondere Wirkung auf die Kultur hat, sondern an sich schon eine Form der Kulturäußerung ist (ohne unbedingt Wirkung oder gar „unerwünschte“ Nebenwirkungen zu erzeugen). Alvesson nimmt Bezug zu Smircich: „Detta innebär inte nödvändigtvis att ledarskap skapar eller på något dramatiskt sätt förändrar kulturen, bara att ledarskap är en kulturell yttring som påverkar andra kulturella yttringar, som gemensamma uppfattningar om mål, teknologier och omvärld.“365
Nicht zu vernachlässigen ist bei den bisher aufgeführten Überlegungen der Umstand, dass nicht nur die Menschen im Unternehmen einander beeinflussen, sondern dass der Prozess ebenso in die andere Richtung läuft. In der Theorie fallen in diesem Zusammenhang die Begriffe „Institutionalisierung“ und „Internalisierung“: „Für die Analyse von Unternehmenskulturen ist festzuhalten, daß jeder Mitarbeiter sowohl die Unternehmenskultur prägt (Institutionalisierung) als auch von ihr geprägt wird (Internalisierung). Da Institutionalisierungs- und Internalisierungsprozesse an interaktives Verhalten gebunden sind, läßt sich die unternehmenskulturelle Entwicklung als interaktionsbedingter Aushandlungsprozeß zwischen Unternehmensmitgliedern begreifen.“366
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Bei der Betrachtung interner Prozesse im Hinblick auf unternehmenskulturelle Besonderheiten spielt weiterhin die Intensität der Kulturvermittlung eine wichtige Rolle. Bereits bei der Diskussion der bewussten Gestaltung der Unternehmenskultur wurde eine Reihe von Instrumenten vorgestellt. Nun mag es eine bedeutende Rolle spielen, welche Instrumente wie stark zum Tragen kommen. Werden Geschichten oder Anekdoten weitergegeben? Wie präsent sind Gründer oder Gründungsgeschichte? Werden Seminare gehalten, in denen Unternehmenswerte weitergegeben werden?
Wie oben bereits ausgeführt wurde, entsteht Unternehmenskultur jedoch nicht nur durch einen internen Entwicklungsprozess.
Unternehmen werden als in die Umwelt eingebettete Systeme aufgefasst. Die zuvor erläuterte Betrachtung des Unternehmens als offenes System unterstreicht die Bedeutung externer Faktoren, die zwangsläufig auf das Unternehmen Einfluss nehmen. Kein Unternehmen kann sich dem umgebenden Umfeld entziehen, es wird stets vom Umfeld geprägt dadurch, „dass Organisationen nicht unabhängig von der Gesellschaft existieren, sondern grundsätzlich ein Teil der Gesellschaft und somit zugleich in einen gesellschaftlichen Kontext gestellt sind.“367
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Adler beschreibt dies etwa folgendermaßen: „For years people have thought that organizations were beyond the influence of culture and that they were only determined by technology and task. Today we know that work is not simply a mechanistic outgrowth of either technology or task. At every level culture profoundly influences organizational behavior.”368
Das Umfeld und die mit ihm verbundenen Kontextfaktoren spielen folglich in verschiedenen Zusammenhängen eine ebenso wichtige Rolle wie interne Abläufe und Zusammenhänge.
Zunächst kann sehr allgemein beobachtet werden, dass Unternehmen in einer bestimmten Umwelt agieren, welche durch die sehr allgemeinen Komponenten Dynamik, Komplexität, Unsicherheit und Ungewissheit beschrieben werden kann:
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Die Umwelt, die einzelnen Aufgaben des Unternehmens sowie die internen und externen Beziehungen sind sehr komplex.369 Die Komplexität des Umfeldes eines Unternehmens bezieht sich folglich ebenso auf die exogenen Einflüsse wie auf die verschiedenen Handlungsalternativen: „Ungewißheit und Dynamik sind wesentliche Bestimmungsgründe der Komplexität von Entscheidungssituationen.“370
Das Umfeld ist stets dynamisch, da die bestehenden Umweltbedingungen sich ständig verändern. Ob es sich dabei um die schlagartige Veränderung von Technologien, Marktbedingungen, Gesetzen und rechtlichen Regelungen, oder aber auch von Werten und Normen handelt371, mag dahingestellt bleiben.
Die dem Umfeld anhaftende Komponente „Ungewissheit“ kann auch als „Nicht-Eindeutigkeit der Konsequenzen“372 bezeichnet werden. Anders ausgedrückt kann – nach Gutenberg – das Phänomen „Ungewißheit“ in die beiden Bestandteile „Unsicherheit“ und „Risiko“ unterteilt werden.373
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Es besteht oftmals Unsicherheit über die zur Verfügung stehenden Informationen: „Das Kriterium Unsicherheit ist beschreibbar durch die drei Dimensionen Bestimmtheit der zur Verfügung stehenden Informationen, Gewißheit über kausale Beziehungen und die Zeitspanne, innerhalb derer ein Feedback der Umwelt auf die Aktionen des Unternehmens festgestellt werden kann.“374
Für das Unternehmen ist es nicht leicht, die einzelnen Umweltbedingungen insgesamt zu erfassen.375 Aus den sehr allgemeinen Umweltbedingungen Dynamik, Ungewißheit und Komplexität lassen sich wiederum spezifische Rahmenbedingungen ableiten. In Anlehnung an Farmer/Richman können unter anderem sozialpsychologische, kulturelle, rechtliche, politische, wirtschaftliche oder wirtschaftspolitische Faktoren in Betracht gezogen werden.376
Entscheidend ist also auch für die Entwicklung von Unternehmenskultur, unter welchen Rahmenbedingungen das Unternehmen agiert. Wie sehen die rechtlichen, soziokulturellen oder politischen Rahmenbedingungen aus? Bestimmungsfaktoren können also „Charakteristika der Branche, der Geldgeber, der ökonomischen, institutionellen, politischen und soziokulturellen Rahmenbedingungen wie auch der vorhandenen Technologien“377 sein. Wie sieht der Markt aus? Die Liste der Kontextfaktoren könnte an dieser Stelle beliebig weitergeführt werden.
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Es ist festzuhalten, dass sich ein Unternehmen stets an äußere Bedingungen anpassen und auf die bestehenden Umfeldfaktoren reagieren muss378 und dies wiederum Einfluss auf die Kultur des Unternehmens haben kann.
Im folgenden sollen zunächst spezifische lokale und nationale Rahmenbedingungen sowie deren Wirkungen betrachtet werden. Da Unternehmen von nennenswerter Größe heute kaum noch ausschließlich lokal agieren, sollen ebenso Rahmenbedingungen unter dem Zeichen der Globalisierung betrachtet werden.
Studien – mitunter aus der kulturvergleichenden Managementforschung – belegen einen sehr engen Zusammenhang zwischen (aus kulturspezifischen Sozialisationsprozessen hervorgegangener) nationaler Identität und Unternehmensidentität ebenso wie zwischen nationalen Bedingungen und Unternehmenskultur.379
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Diese Verknüpfung kann durch sehr unterschiedliche Einflussfaktoren zustande kommen, so dass am Ende viele verschiedene Unternehmen eines Landes möglicherweise ähnliche Tendenzen – auch in unternehmenskultureller Hinsicht – aufweisen: „Kein Land zeigt zwar bei allen Unternehmen Einheitlichkeit, doch der nationale Kontext schafft Tendenzen, die so stark sind, daß sie von jedem Beobachter ohne weiteres erkannt werden können.“380 Es kann also der nationale Kontext sein, der diese Folge herbeiführt.
Was macht nun diesen nationalen Kontext aus? Welche Komponenten bilden den nationalen Rahmen? In den meisten Studien wird schlichtweg von „Landeskultur“ gesprochen. Es wird dabei meist die „Landeskultur“ als wichtigster Auslöser für die Entstehung von Ähnlichkeiten betrachtet. Diese bildet sozusagen den „Nährboden für die Entwicklung einer Unternehmenskultur“381, was wiederum begründet, dass sich in verschiedenen Unternehmenskulturen eines bestimmten Landes wiederum landeskulturelle Muster finden lassen.382
Eine Schnittmenge an Gemeinsamkeiten, so heißt es, wird durch die Landeskultur hervorgerufen und verleiht jedem Land bestimmte Eigentümlichkeiten, auch in unternehmenskultureller Hinsicht: „Die Landeskultur setzt den Rahmen, in dem sich vielfältige Organisationskulturen entwickeln können, denen aber ein gemeinsamer Grundkonsens inhärent ist. Dieser Grundkonsens unterscheidet sich von Land zu Land.“383 Dadurch, dass Wirtschaften an sich Teil einer Kultur ist, ist die damit verbundene Einbindung in die Landeskultur selbstverständlich:
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„Nach heutigem Verständnis ist Wirtschaften und Management ein Teil der Kultur eines spezifischen und deskriptiv faßbaren Kulturraums und damit eingebunden in die Landeskultur.“384 Die Studien, die den Kontext als Bestimmungsfaktor betrachten, setzen Kontext mit Kultur gleich. So beispielsweise Bjerke, welcher verschiedene Führungsstile untersuchte und den kulturellen Kontext dabei als ausschlaggebende Ursache festmachte: „Culture can be used for many different types of analysis. It can provide the foundation or the background for many different kinds of understanding. This study is an attempt to understand business leadership in five different national and regional contexts and to do this through the culture governing these contexts. The contexts are the American, the Arabic, the Chinese, the Japanese and the Scandinavian. One way to formulate the basic question of this study could be: How do business leaders think as a result of their national culture, and what are the consequences for how business leadership is exercised?”385
Was unter „Kultur“ verstanden werden kann, wurde zu Beginn der Arbeit erläutert. Auf den Begriff der Landeskultur übertragen, muss all das betrachtet werden, was eine Gruppe in einem Land gemeinsam innehat. All das, was Menschen gemeinsam besitzen, gemeinsame Ansichten und gemeinsame Verhaltensregeln: „Culture is everything that people have, think, and do as members of their society.“386
Zwar werden „ökonomische Systeme“, „Erziehungssysteme“, „Religion und Glaubensüberzeugungen“, „Sitte und Recht“ als „Erscheinungsformen und Aspekte der Kultur“ definiert.387
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Das kann am Beispiel französischer Unternehmen illustriert werden:
„(...) Charakterzüge lassen sich – ebenso wie das Verhältnis französischer Manager zu Innovationen – aus der französischen Geschichte und der Entwicklung der französischen Kultur heraus erklären. Dabei spielen überkommene kirchliche Denkmuster ebenso eine Rolle wie Elemente der höfischen Gesellschaft (esprit), das aufgeklärte Gedankengut der lumières (raison, progrès) und napoleonische Einflüsse.“388
Gleichwohl erscheint die Zuordnung aller nationaler Komponenten zu einer (Landes-) Kultur nicht eindeutig: „Men vad som tillskriver oss våra värdeskalor, idiosynkrasier och drömmar om framtiden mer än något annat är den övergripande kulturen, i Sverige den svenska kulturen med dess mångfald historiska rötter och förbindelser med religion, ekonomi, samhällsorganisation, bebyggelse, demografi, klimat och natur – dock modererat av vår egen mera avgränsade miljö, vår specifika samhällsklass, vår könsbundna uppfostran och annat.“389
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Nicht allein die „Landeskultur“ kann mithin als nationaler Kontext bezeichnet werden. Der nationale Kontext ist weiter zu fassen. Er bezieht sich auf mehr als nur kulturelles Gut (sei es sichtbar oder unsichtbar). In der vorliegenden Arbeit bildet die Gesamtkonstellation verschiedener landestypischer Bestimmungsfaktoren (also nicht nur Elemente, die Teil der Landeskultur im engeren Sinne sind) den Nährboden oder anders ausgedrückt den nationalen Kontext. Dieser Kontext wird hier nicht mit dem Begriff „Landeskultur“ sondern vielmehr als „nationale Bedingungen“ bezeichnet, die zum „Ergebnis organisationsexterner Einflüsse“390 beitragen.
Nationale oder lokale Besonderheiten der Unternehmenskultur werden nicht nur durch die einer nationalen Kultur im engeren Sinne zuzurechnenden Elemente bestimmt, sondern auch von vordergründigen äußeren Rahmenbedingungen.
Eine Auflistung solcher nationaler Bedingungen (ohne spezifische Rücksicht darauf, ob diese unmittelbare Elemente der Landeskultur sind oder sein können) könnte wie folgt aussehen:
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Diktate der Globalisierung stehen im Widerstreit zu den vorher genannten nationalen oder lokalen Bedingungen, teilweise auch in Wechselwirkung mit diesen. Nationale Werte werden also neu ausgerichtet oder überlagert, verleihen aber gleichwohl dem internationalen Auftritt einen eigenen Charakter.
Von selbst versteht sich, dass Unternehmen nicht nur im eigenen Ursprungsland agieren, sondern auch international tätig sind: „Nicht nur Großunternehmen praktizieren weltweite Kooperationen und Firmenaufkäufe, sondern auch mittelständische Unternehmen werden durch das Wegfallen ‚nationaler Nischen’ und der damit verbundenen Konfrontation mit internationaler Konkurrenz dazu gezwungen, international tätig zu werden.“391
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Das Thema „Globalisierung“ oder die Frage nach dem „Agieren in einem globalen Kontext“ ist gerade auch im Hinblick auf die mögliche Auswirkung auf die Ausprägung unternehmenskultureller Besonderheiten von Bedeutung.
Globalisierung kann man sowohl als eine „wechselseitige Internationalisierung von zunehmend allen Funktionsbereichen und Prozessen nationaler Firmen auf internationalen Beschaffungs-, Absatz-, Informations- und Arbeitsmärkten sowie andererseits als Aufbau von internationalen Kooperationen, Kapitalverflechtungen und Akquisitionen“392 verstehen.
Dabei „(...), ist es nötig, unterschiedliche Dimensionen von Globalisierung zu unterscheiden, (...) die kommunikationstechnische, die ökologische, die ökonomische, die arbeitsorganisatorische, die kulturelle, die zivilgesellschaftliche Dimension usw.“393
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Die Welt wächst zusammen, Kommunikation umspannt den gesamten Globus, es wird erwartet, dass Menschen und Unternehmen omnipräsent sind. Dem kann sich niemand entziehen. „What we can agree on, however, is that the world is becoming increasingly more interdependent. Despite George Washington’s warnings against ‘entangling alliances’, there is no way that any of us can isolate ourselves from the rest of the world. We are, whether we like it or not, enmeshed in global concerns far beyond the wildest dreams, or nightmares, of our founding fathers.”394
Verschiedene Entwicklungen, wie beispielsweise der schnelle „Anstieg des Welthandelsvolumens, eine zunehmende internationale Kapitalverflechtung und das starke Anwachsen des Kapital- und Devisenverkehrs“395 kennzeichnen dabei die wirtschaftliche Globalisierung.
Aber auch weitere neue Rahmenbedingungen, die mit der Globalisierung einhergehen, wie etwa das Aufkommen neuer Technologien, der steigende Wettbewerbsdruck, der Wertewandel, und eine zunehmende Dynamik kommen hinzu396, auch die Wünsche der Kunden sehen anders aus.397
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Abb. 14 Gründe der Veränderung (entnommen aus Zell, Unternehmenskultur-Check, S.16) | ||
Auch unruhigere Arbeitsmärkte, die zunehmende Gesetzgebung oder die Deregulierung protektionierter nationaler Märkte dürfen nicht außer Acht gelassen werden.398
Insgesamt ist das Umfeld unbeständiger und unruhiger geworden. „Vor allem im Zuge der Globalisierung der Wirtschaft und des Aufkommens organisierter Anspruchsgruppen haben Unternehmen erfahren müssen, dass sie in einem zunehmend komplexen und dynamischen gesellschaftlichen Umfeld agieren, das an sie vielfältige Ansprüche stellt, die sich darüber hinaus auch ändern können.“399
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Komplexität und Wettbewerb sind gestiegen:400 „Competition is intensifying and becoming more global.“401
Der Wandel der Systeme bringt weitere Folgen mit sich: Die Verschmelzung der Unternehmen, bedingt durch Fusionen und Akquisitionen, hat enorm zugenommen. Es wird regelrecht von einer „Fusionswelle“ gesprochen.
Nach Schätzungen von Cartwright und Cooper (1996) hat in den USA bereits in den 80er Jahren jeder vierte Mitarbeiter mindestens eine Fusion miterlebt.402
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Besonders groß war die Bedeutung von Unternehmenszusammenschlüssen für Wirtschaft und einzelne Unternehmen im letzten Jahrzehnt. Der Trend scheint ungebrochen: „Nicht nur Großunternehmen, sondern auch kleine und mittlere Unternehmen sehen sich zunehmend der Notwendigkeit ausgesetzt, nicht nur im nationalen oder gar regionalen, sondern zumindest im europäischen Markt mit seinen zunehmend schwindenden Markteintrittsbarrieren in den einzelnen Ländern präsent zu sein. Die seit einigen Jahren stetig steigende Zahl der M&A-Aktivitäten belegt dies.“403
Aufgrund dieser neuen Bedingungen ergeben sich neue Anforderungen an die Unternehmen. Um überhaupt „überleben“ zu können, muss sich ein Unternehmen auch solchen Trends anpassen und dabei verschiedene neue Ansprüche erfüllen. Es ist enorm wichtig, sich von fest verankerten Sichtweisen und Verhaltensweisen zu verabschieden.404
Es werden theoretische und praktische Veränderungen des Managements ebenso wie die ständige Anpassung – und damit verbunden auch die globale Ausrichtung – an das umgebende Umfeld erwartet.405
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Gerade auch im Hinblick auf kulturelle Aspekte wird ein hoher Grad an Austausch zwischen sehr unterschiedlichen Kulturen erforderlich: „Wir erleben gegenwärtig eine Phase der Internationalisierung des Wirtschaftslebens, die in einem noch nie dagewesenen Umfang die direkte Kommunikation und Kooperation zwischen Angehörigen verschiedener Kulturen erfordert.“406
Weiterhin erscheint es besonders wichtig, die Organisationsstruktur unter globalen Voraussetzungen optimal zu gestalten: „The ideal, it seems, is to achieve global organisation and local responsiveness simultaneously.“407 Percy Barnevick, früherer CEO von ABB, fordert, dass es wichtig sei, global und lokal, groß und klein, dezentralisiert und zentralistisch zugleich zu sein.408
Von allen Prägungen eines Unternehmens scheint die (ursprüngliche) Unternehmenskultur diejenige zu sein, die am schwierigsten veränderbar ist.409 Im Ergebnis haben wir es am Ende vielleicht nicht mehr allein mit einer „nationalen“ Unternehmenskultur zu tun, sondern betrachten, bedingt durch globale Verflechtungen, eine „multinationale“ Unternehmenskultur mit einem nationalen Ausgangspunkt. Oft wird diese multinationale Verflechtung als problematisch angesehen: „In der wissenschaftlichen Diskussion der multinationalen Unternehmung und ihrer Führungsprobleme hat man bisher in erster Linie die Schwierigkeiten vor Augen, die sich aus der Berührung mit verschiedenen Landeskulturen ergeben. Dabei nimmt man an, daß Mitarbeiter wie auch externe Interaktionspartner (Kunden, Lieferanten usw.) der Auslandsgesellschaften Angehörige einer fremden Kultur sind, die ihre Denk- und Verhaltensweisen (abweichend von denen des Stammlandes) prägt. Eine multinationale Unternehmung wird daher zunächst einmal als eine Arena für unterschiedliche Landeskulturen gesehen.“410
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Es entstehen insgesamt eine ganze Reihe neuer Fragen, gerade im Hinblick auf Übertragbarkeit nationaler unternehmenskultureller Eigenheiten. Können und wollen Großkonzerne das „Nationale“ des Ursprungslandes wahren? Können sie es verhindern?
Können Managementtechniken oder Verhaltensmuster, die in einem bestimmten Land entstanden sind, ohne weiteres in anderen Ländern implementiert werden?411 „Die Diskussion um die Transferierbarkeit und die Anpassungsfähigkeit von Kulturen dauert bis heute an, und es hat sich gezeigt, daß ein einfaches Ja oder Nein zur Beantwortung dieser Fragestellung nicht ausreicht; zu viele zusätzliche Faktoren bestimmen über Erfolg oder Mißerfolg eines Managementeinsatzes, als daß eine einfache kausale Zurechnung in positiver oder negativer Richtung möglich wäre.“412
Die Globalisierung führt dazu, dass bestimmte Methoden in der Geschäftswelt weltweit ähnlich aussehen, landestypische Unterschiede rückläufig und bestimmte Prinzipien vereinheitlicht worden sind.413
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Dies stößt aber an deutliche Grenzen, da – wie schon ausgeführt – kulturelle Eigenheiten persistenter zu sein scheinen als Vereinheitlichungstendenzen. Obwohl der Austausch in jeglicher Form zunimmt, besteht dennoch, wenn auch nicht räumlich bedingt, ein gewisser Abstand zwischen den Ländern, der aus kulturellen Eigenarten resultiert:414 „However great the impact of this unification process has proven to be, great divergences in national behavior persist.“415 Insgesamt werden die Bedingungen durch die globale Verflechtung einander ähnlicher, gleichwohl werden auch hier Unterschiede bestehen bleiben: „Die Globalisierung der Kapitalmärkte und die großen Kapitalströme zwischen den Ländern gleichen die nationalen Konditionen einander allmählich an. Dennoch bleiben erhebliche Unterschiede, und das wird sich wahrscheinlich auch nie ändern.“416
In der Forschung werden in diesem Zusammenhang die Konvergenztheorie, andererseits jedoch auch die Divergenztheorie angeboten:
„Uneinig sind sich die Forscher in der Beurteilung der weiteren Entwicklung der Landes – und den damit verbundenen Unternehmenskulturen. Viele Autoren vertreten die Auffassung, daß sich im Zuge der Globalisierung von Industrien und Märkten die nationalen Kulturen und damit auch die Unternehmenskulturen angleichen werden (Konvergenz-Hypothese). Andere Forscher gehen, gestützt auf Entwicklungen, wie sie beispielsweise im Iran oder in Jugoslawien zu beobachten sind, von einer zunehmenden (Rück-) Besinnung auf die eigene Kultur aus (Divergenz-Hypothese).“417 Man kann von einem globalen Paradoxon sprechen.
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An dieser Stelle sollen einige aus dem vorstehenden Kapitel wichtige und relevante Aspekte festgehalten werden, die für die nachfolgende Untersuchung von Bedeutung sind:
342 Joynt/Warner, Different, S.8.
343 Vgl. Kap. II./3./e):Unternehmenskultur ist sozial, menschengemacht, erlernbar, bewusst oder unbewusst; diese Eigenschaften erscheinen wichtig, wenn es darum geht, die interne Entwicklung und die interne Prägung zu verstehen.
344 Vgl. Smircich, Concepts, S.346.
345 Scholz/Hofbauer, Organisationskultur, S.5.
346 Ebd.
347 Sackmann, Erfolgsfaktor, S.32.
348 Ebd., S.38.
349 Deal/Kennedy, Corporate Cultures, S.14.
350 Vgl. Berthoin/Dierkes/Helmers, Forschungsagenda, S.207 f.
351 Vgl. Bromann/Piwinger, Gestaltung, S.11.
352 Vgl. Jacobsen, Entwicklung, S.98.
353 Alvesson, Organisationskultur, S.164; Übersetzung d. Verf.: „Im Zusammenspiel zwischen Führung und Organisationskultur sind verschiedene Formen von Verbindungen und Betonung möglich.“
354 Ebd., S.146; Übersetzung d. Verf.: „Führung ist nicht nur ein Führer, der agiert und eine Gruppe an Untergeordneten, die auf mechanische Art und Weise reagieren, sondern ein komplexer sozialer Prozess, bei dem Inhalte und Interpretationen bezüglich dessen was gesagt oder getan wird bestimmend sind.“
355 Sackmann, Erfolgsfaktor, S.37.
356 Vgl. Sackmann, Erkennen, S.177.
357 Sackmann, Erfolgsfaktor, S.41.
358 Langen, Leitbild, S.44.
359 Carlzon/Hubendick, Kulturrevolution, S.144.
360 Alvesson, Organisationskultur, S.149 f.; Übersetzung d. Verf.: „Die meisten Studien zu Führung untersuchen, wie eine Person, die als Führungskraft identifiziert wird, sich verhält oder mit einer Gruppe Untergeordneter zusammenarbeitet und/oder wie er/sie in groben Zügen die Organisation führt. In den meisten systematischen akademischen Untersuchungen leiten die Führungskräfte kleine Gruppen von Menschen. (...) Führungskräfte in höheren Positionen leiten hingegen ganze oder große Teile von Organisationen und dann verändert sich die Situation bezogen auf die Organisationskultur.“
361 Goffee, character, S.14.
362 Alvesson, Organisationskultur, S.159. Übersetzung d. Verf.: „Das bedeutet, dass Führung laut Definition als ‚kulturell’ aufgefasst wird, das soll heißen, dass Führung sich in einem kulturellen Kontext abspielen soll und alle Handlungen der Führung, durch die (kulturell gesteuerte) Interpretation jener, die in die sozialen Prozesse eingebunden sind, in denen Führungskräfte, Untergeordnete und Führungsmethoden zu Ausdruck kommen, ihre Konsequenzen haben.
363 Vgl. Wollert, Führung, S.23.
364 Ebd.
365 Alvesson, Organisationskultur, S.164; Übersetzung d. Verf.: „Das bedeutet nicht notwendigerweise, dass die Führung die Kultur schafft oder auf dramatische Art und Weise verändert, sondern nur, dass Führung eine kulturelle Äußerung ist, welche andere kulturelle Äußerungen, wie gemeinsame Auffassungen über Ziele, Technologien oder das Umfeld beeinflusst.”
366 Jacobsen, Entwicklung, S.98.
367 Waldkirch, Unternehmen, S.21.
368 Adler, Vary, S.43.
369 Vgl. Werner, betriebliche Strukturen, S.15.
370 Kahle, Entscheidungen, S.115.
371 Vgl. Werner, betriebliche Strukturen, S.12-14.
372 Kahle, Entscheidungen, S.51.
373 Vgl. ebd.
374 Werner, betriebliche Strukturen, S.15; (Anm. d. Verf.: Werner zitiert Lawrence, P.R./Lorsch, J.W.: Organization and Environment, 1967, S.24. ff.)
375 Vgl. Werner, betriebliche Strukturen, S.11.
376 Vgl. ebd.
377 Sackmann, Erfolgsfaktor, S.32.
378 Vgl. Werner, betriebliche Strukturen, S.9.
379 Vgl. Jacobsen, Entwicklung, S.47.
380 Porter, Wettbewerbsvorteile, S.132.
381 Schreyögg, Spannungsfeld, S.25.
382 Vgl. ebd.
383 Scholz/Hofbauer, Organisationskultur, S.100.
384 Heinrichs, Kulturgebundenheit, S.34.
385 Bjerke, Leadership, S.1.
386 Ferraro, cultural dimension, S.17.
387 Mintzel, Gesellschaft, S.172.
388 Ammon/Koblauch, Managementstil, S.239.
389 Daun, mentalitet, S.28; Übersetzung d. Verf.: „Aber das, was uns unsere Werteskalen, Idiosynkrasien und Träume von der Zukunft mehr als alles andere zuschreibt, ist die übergreifende Kultur, in Schweden die schwedische Kultur mit ihren vielfältigen historischen Wurzeln und Verknüpfungen mit Religion, Wirtschaft, Gesellschaftsstruktur, Bebauung, Demographie, Klima und Natur – doch bestimmt durch unser eher abgegrenztes Umfeld, unsere spezifische Gesellschaftsklasse, unsere geschlechterbezogene Erziehung und anderes.“
390 Ebers, Forschungsprogramm, S.174.
391 Pfohl/Bock/Dubbert, Internationalisierung, S.76.
392 Jansen, Mergers, S.1.
393 Beck, Globalisierung, S.42.
394 Ferraro, cultural dimension, S.10.
395 Zell, Unternehmenskultur-Check, S.16 f.
396 Vgl. ebd., S.16.
397 Vgl. Eggers, Diagnose, S.6.
398 Vgl. Weitbrecht, Management, S.319.
399 Waldkirch, Unternehmen, S.21.
400 Vgl. Deal/Kennedy, Corporate Cultures, S.178 f.
401 Ebd., S.179.
402 Vgl. Berthold, Voraussetzungen, S.1.
403 Meckl, Mergers & Acquisitions, S.15.
404 Vgl. Eggers, Diagnose, S.6.
405 Vgl. Weitbrecht, Management, S.319 f.
406 Knapp, Qualifikationsmerkmal, S.8.
407 Goffee, dynamics, S.159.
408 Vgl. Goffee, dynamics, S.159.
409 Vgl. Dürr, Unternehmenskultur ändern, S.131 ff.
410 Schreyögg, Spannungsfeld, S.27.
411 Vgl. ebd., S.19 f.
412 Ebd.
413 Vgl. Fant, Scandinavians, S.125.
414 Vgl. Koch/Rossenbeck, Probleme, S.59.
415 Fant, Scandinavians, S.125.
416 Porter, Wettbewerbsvorteile, S.99.
417 Jacobsen, Entwicklung, S.47.
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